Bis vor wenigen Wochen hatte das Thema Fasten für mich keine Bedeutung. Mehr als über Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol oder Süßigkeiten, Fleisch oder Nikotin, vielleicht religiös motiviert zwischen Karneval und Ostern, wusste ich nicht.
Auf der Suche nach einer kleinen Auszeit stieß ich auf die Möglichkeit des Fastenwanderns. Und irgendwie ließ mich das Thema nicht mehr los. Ich entschied mich, das Heilfasten als eine Möglichkeit der Gesundheitsprävention für ein paar Tage auszuprobieren.

Wie es der Name schon sagt, verbindet das Fastenwandern das Fasten mit dem Wandern. Dies hat verschiedene Vorteile. Zum einen wird durch die Bewegung an der frischen Luft der Effekt des Fastens verstärkt, andererseits hält die Bewegung den Kreislauf stabil und zusätzlich wird dem Abbau der Muskulatur entgegengewirkt.
Es gibt verschiedene Arten des Fastens. Heilfasten, Intervallfasten, Basen-Fasten, Saftfasten, Leberfasten, die Mayr-Kur usw..
Ich entschied mich für das Heilfasten nach Otto Buchinger. Dieser war ein deutscher Arzt und Naturheilkundler, der das Fasten zur Krankheitsprävention und Therapie bestimmter Beschwerden anwendete. Bei seiner Art des Fastens werden Kräuter- und Früchtetees, Wasser, Gemüsebrühen sowie leichte Obst- und Gemüsesäfte getrunken. Die Kalorienaufnahme liegt bei rund 300 Kilokalorien pro Tag. Feste Nahrung gibt es nicht, Kaffee übrigens auch nicht 🥴 . Der Körper soll auf eigene Energiereserven zurückgreifen, entsäuern, entgiften und Selbstheilungskräfte anregen. Des Weiteren sind Sport, Ruhe- und Entspannungszeiten, die Darmreinigung und die tägliche Leberwickel Bestandteil des Behandlungsplans.
Sucht man in entsprechenden Portalen nach Fastenangeboten, ist man erstaunt über die Vielzahl an Möglichkeiten. Ob im In- oder Ausland, ambulant oder stationär, alles ist möglich. Da findet jede*r etwas für sich und seine Prioritäten, Hauptsache der Wille zur Abstinenz ist da.
Das übergeordnete Ziel einer Fastenkur ist überall in etwa gleich. Der Einklang von Körper und Geist, die Reflektion über eigene Gewohnheiten und Bedürfnisse für ein bewussteres und gesünderes Leben. Die Motivation des Einzelnen liegt möglicherweise woanders. In chronischen Erkrankungen, die man durch regelmäßiges Fasten im Griff hat, in Selbsterfahrung, in neuer Gelassenheit oder dem Wunsch Altlasten abzulegen um frei für einen Neustart zu sein. Die Wissenschaft sagt, dass Menschen, die regelmäßig fasten, eine deutlich höhere Lebenserwartung haben. Und beinahe nebenbei verliert man ja auch noch ein paar Pfunde.
Herzlich willkommen bei den Werners….

Bei meiner Recherche war ich auf das Fastenhaus Werner auf der nordfriesischen Insel Sylt gestoßen und fühlte mich von deren Angebot angesprochen. Die auf der Homepage dargestellten Informationen zum Thema erschienen mir informativ und einleuchtend und ich konnte mich damit identifizieren. Außerdem machte das dort vorgestellte Team mit seiner teils jahrzehntelangen Erfahrung nicht nur einen kompetenten, sondern auch sympathischen Eindruck.
Ich als bekennende „Amrumerin“, siehe auch Beitrag www.beetschwestern.net/2016/09/08/natuerlich-amrum/ entschied mich also für den Besuch der Nachbarinsel Sylt. Die beiden Inseln nennt man auch „die ungleichen Schwestern“. Doch jenseits der Klischees sind Sylt und Amrum mit ihren Heide-, Dünen- und Wattlandschaften für Naturliebhaber äußerst attraktiv. Und ganz besonders im Winter hat die ursprüngliche, raue nordfriesische Landschaft ihren ganz besonderen Reiz. Schon im Vorfeld freute ich mich darauf, mir Sylt mit meinen Füßen zu erarbeiten. Wenn schon nichts essen, dann wenigstens an einem schönen Ort.


Am Abend des Anreisetages trafen sich 23 Teilnehmerinnen und 3 Teilnehmer (Männer, wo versteckt ihr euch eigentlich immer?), davon zahlreiche Wiederholungstäter*innen, im gemütlich gestalteten Gemeinschaftsraum des Fastenhauses, um alles Wissenswerte über die kommenden 7 Tage zu erfahren, sich gegenseitig kennenzulernen und erste Sympathien zu sondieren. Heike Werner, Inhaberin des Fastenhauses und gleichzeitig unsere Fastentrainerin, versorgte uns mit zahlreichen Informationen über die Geschichte des Fastens, Ablauf, Einlauf und Kreislauf.

So trafen wir uns an jedem Morgen pünktlich um 08:00Uhr zum täglichen Befindlichkeitsbericht und noch viel wichtiger – zur gemeinsamen, ersten Flüssigkeitsaufnahme. Unsere guten Küchenfeen stellten uns reichlich unterschiedlichste Sorten Kräuter- und Früchtetee bereit. Wenn man eine Weile dem täglichen Überfluss an Möglichkeiten entrinnt, glaubt man gar nicht, was für ein Gaumenschmaus ein Ananas-Salbei, Rosmarin-Zitrone, Hafer- oder Apfel-Zimt-Ingwer Tee sein kann. So gestärkt ging es an die frische Luft zum Frühsport. Ein paar Runden Joggen rund ums Haus, dann Gymnastik! Wetter? Wurscht! Erfrischt, vom Wind ordentlich durchgepustet und stabilisiert, ging es im Anschluss wieder zurück in die warme Stube um stillschweigend einen Saft aus Gemüse und Obst zu löffeln und seinen eigenen Gedanken nachzugehen.

Gegen 09:30 Uhr brachen wir zur täglichen Wanderung auf. Wir marschierten entlang traumhafter Strände, Wege und Sehenswürdigkeiten rund um Rantum, Hörnum, List, Kampen und Keitum und erfuhren von Heike, die eine waschechte Sylterin ist, viel Wissenswertes, Nachdenkliches und Kurioses über die Insel. Mal schweigend die Umgebung genießend, mal ins Gespräch vertieft, eroberten wir uns das Eiland Kilometer für Kilometer. Ich persönlich habe ein besonderes Faible für Häuser, besonders jene, die einen Bezug zur Region haben. Die friesische Bauweise ist für mich höchste Handwerkskunst, begeistert mich immer wieder und lässt mich beinahe niederknien.

Nach der Wanderung gab einen frischen Saft zur Stärkung, außerdem eine ausgiebige Pause, die jeder*r für sich mit einer Leberwickel auf dem Bauch genoss. Das Entgiften und Neutralisieren von Schadstoffen ist die übliche Aufgabe der Leber. Sie dient als Filter zwischen Darm und dem restlichen Körperkreislauf und sorgt dafür, dass schädliche Stoffe nicht in unseren Blutkreislauf gelangen.

Pünktlich um 18:00 Uhr gab es eine Suppe. Ihr ahnt ja nicht, wie glücklich man mit einer Kartoffel-Möhre -Aubergine-Champignon-Tomaten Suppe sein kann oder wie köstlich eine Steckrüben-Ingwer Suppe duftet. Dazu ein paar frische Kräuter und fertig ist die vollwertige Fastenmahlzeit.
Nebenbei erfuhren wir, dass 30 Prozent unserer körpereigenen Energie in die Verdauungsarbeit fließen. Folgerichtig hat man also deutlich mehr Energie, wenn Magen und Darm mal nichts zu verarbeiten haben. Ist der Darm leer, ist das Hungergefühl weg. Auch das war eine neue und überraschende Erfahrung.
Durch das Fastenwandern gerät das Herz-Kreislauf-System in Schwung, wird Gesundheit, Energie und Wohlbefinden gefördert. Außerdem ist der bewusste Verzicht auf Essen, das uns im Alltag, egal in welcher Form, ständig zur Verfügung steht, ja mal gar nicht schlecht. Schafft man einen ernährungstechnisch guten Wiedereinstieg, reguliert sich die Darmflora neu und bietet die beste Grundlage für ein intaktes Immunsystem. Je gesünder die Darmflora, umso geringer ist die Gefahr für akute oder chronische Erkrankungen.
Einige Teilnehmer*innen aus unserer Gruppe hatten am zweiten oder am dritten Tag eine kurze Fastenkrise. Der Körper stellt sich in dieser Zeit von Eiweiß- auf Fettverbrennung um und lässt einen das unter Umständen auch spüren. Ich selber hatte am dritten Morgen ordentlich mit meinem Kreislauf zu kämpfen. Nach zwei/drei Stündchen war das Thema aber durch und die Sylter Sonne lockte mich hinaus. Ich machte mich alleine auf die Socken und lief die Route Westerland – Wennigstedt – Rotes Kliff – Uwe-Düne – Kampen – Braderup – Wennigstedt, gesamt um die 18 Kilometer und fuhr die restlichen paar Meter mit dem Linienbus nach Westerland zurück.

Unser tägliches Fastenprogramm konnte um zusätzliche Sport- oder Entspannungsmöglichkeiten, z.B. Yoga, Tanztherapie, Ernährungslehre, diverse Massagen und Osteopathie, ergänzt werden. Des Weiteren waren Unternehmungen auf eigene Faust, Fahrradtouren, ein Besuch in der Sylter Welle oder auch mal auf Westerlands Shopping-Meile möglich.
In der Gruppe fällt das Fasten gar nicht schwer. Das Gemeinschaftsgefühl unter uns Teilnehmer*innen wuchs von Tag zu Tag und wir schafften es mit gleichgültigem Schulterzucken, diversen Fischbrötchen oder dem fulminanten Kuchenangebot im berühmten Café Wien zu widerstehen.
Jedoch habe ich die Reduzierung auf mich selbst, das in-mich-hinein-hören (mein Magen knurrte zum ersten Mal an Tag 4 (!) bei dem Gedanken an Tomatensuppe), die neue Leichtigkeit, die Wirkung der Natur, frei von sonstigen Einflüssen und Ablenkungen, als die schönsten aller Erfahrungen empfunden.


Am Morgen des Abreisetages fand das gemeinsame Fastenbrechen statt. Uns standen frische Möhren und Äpfel zur Verfügung. (M)ein Apfel der Verführung: eine Geschmacksexplosion, eine Delikatesse, ein Leckerbissen, ein Gaumenkitzel. Der Moment, der das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
Und nun? Die Fastenwanderwoche liegt beinahe drei Wochen zurück. Der Wiedereinstieg in den Alltag hat mit ein paar Aufbautagen (empfohlene Dauer 1/3 der Fastenzeit) wunderbar funktioniert. In dieser Zeit gab ich leichten Suppen, ( Juchhu, Tomatensuppe :-)), Obst, Gemüse gedünstet oder aus dem Ofen, Nüssen und diversen Salaten den Vorzug. Auf Milchprodukte, Süßspeisen und Fleisch habe ich ganz verzichtet.
Und Kaffee? Immer noch nicht! Vielleicht später 😁
Danke an Heike, ihre Mutter Ulla Werner, Gründerin des Fastenhauses und an das Team für die fa(nta)stische Betreuung, Beata für die Verpflegung, Bung und Lars für die entspannenden Massagen, Simona für Osteopathie, Melanie für die Einführung ins Yoga und an Petra für den tollen Tanzabend.

An dieser Stelle herzliche Grüße an die Teilnehmer*innen der Fastenwanderwoche 10.2.-17.2.24. Danke für tolle Momente, Spaß und gute Gespräche. Allen, die gerade in Aufbruchstimmung sind, ganz viel Glück und Erfolg! Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder.
Wer sich weiter informieren möchte, hier der Link zum Fastenhaus Werner, siehe www.fastenwandern-sylt.de (Achtung: Werbung aus Überzeugung).
Heike Werner ist Mitbegründerin der Initiative Bye Bye Plastik, siehe www.byebyeplastik.com. Nachstehend einige Informationen zur (Erfolgs-)Geschichte der Umweltorganisation, die seit 2022 als solche anerkannt ist.
Im Jahr 2018 gründet Steffi Schroeter auf der dänischen Insel Bornholm das Projekt Bye Bye Plastik. Als Naturcoach und Walforscherin, ihr Buch heißt „Die Weisheit der Wale“, erkennt sie, wie groß die Gefahr für Menschen, Meer und Tiere durch die massive Verunreinigung durch Plastik ist. Sie möchte etwas tun, um die Wale und das Meer zu schützen.
Bereits im Jahr 2019 ist das Projekt über die Grenzen Bornholms bekannt und Heike Werner holt das Projekt auf die Insel. Gemeinsam mit der Insulanerin Carin Winkler beschließt sie, Sylt langfristig plastikfrei zu machen.
Aufgrund der Aktivität und des Umweltengagements der beiden Damen gewinnt Sylt im Jahr 2020 den Umweltpreis der Inseln und Halligen. Daraufhin verstärkt sich die Zusammenarbeit zwischen der Gründerin und den Sylterinnen und man nimmt gemeinsam am „Runden Tisch Meeresmüll“, einer Informationsplattform von rund 130 Expert*innen aus Fischerei, Schifffahrt, Industrie, Einzelhandel, Wissenschaft, Bildung, Tourismus, Umweltverbänden, Behörden, Politik und Kunst, teil.
Weitere Bye Bye Plastik-Regionalgruppen starten in Flensburg und Frankfurt, aktuell in Norwegen.

Im Juli 2021 tritt EU-weit eine Verordnung in Kraft, die die Produktion von Plastik-Einwegartikeln, wie z.B. den Plastikbecher oder Strohhalm, verbietet. Ein erster Erfolg ist zu verzeichnen, weitere Schritte werden konsequent weiter verfolgt. Das Kernteam aus Heike Werner, Steffi Schröter und Carin Winkler gründet eine gemeinnützige GmbH um Spenden generieren zu können und Aktivitäten und Projekte auszuweiten. Sylt wird die aktivste Region Deutschlands und steht in Kooperation mit anderen Akteuren wie zum Beispiel Healthy Seas, Ocean.Now! und wird Teil von neu gegründeten Projekten zur Abfallvermeidung wie die „Klare Kante Sylt“.
Im Jahr 2022 entwickelte Bye Bye Plastik die Changemaker-Partnerschaft, siehe www.byebyeplastik.com/quality-label/changemaker , nun mit neuen Kriterien und Möglichkeiten zur Vermeidung von Plastik für Unternehmen und kommunale Einrichtungen. Der Sticker BELIEVER, siehe www.byebyeplastik.com/quality-label/believer, richtet sich in der Hauptsache an Privatpersonen. Diese können damit sowohl ihre Haltung als auch ihren konkreten Beitrag gegen den Plastikmüll nach außen tragen. CHANGEMAKER und BELIEVER sind inzwischen als Markenzeichen geschützt. Im Jahr 2022 wurde Bye Bye Plastik offiziell als Meeresschutzorganisation anerkannt.
2024 Zum 5. Jubiläum sind in diesem Jahr neue Aktivitäten geplant. „Sylt räumt auf“ richtet sich an Einheimische und Gäste. Diese sollen für Verunreinigungen an den Stränden sensibilisiert und aktiv zum Küstenschutz eingeladen werden. „Schulklassen für saubere Meere“ richtet sich vor allen Dingen an Kinder. Zahlreiche Schüler besuchen jedes Jahr die Insel Sylt. Es ist geplant, für diese Workshops in der Natur anzubieten, spielerisch spannende Naturerlebnisse zu vermitteln und zum Naturschutz anzuleiten. Zum Schutz unserer Meere werden Förderer für diese Projekte gesucht. Wer sich für Bye Bye Plastik engagieren und mehr erfahren möchte, kann sich umfassend unter www.byebyeplastik.com informieren oder direkt eine E-Mail schreiben info@byebyeplastik.com. Bye Bye Plastik findet ihr auch auf Instagram und Facebook.
Wir Beetschwestern wünschen euch, liebe Akteuri*nnen, weiterhin viel Erfolg für eure Arbeit und sagen Danke für euer Engagement für uns, unsere Umwelt, die Meere und die Tiere. Wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht!
Toll geschrieben. Ist bestimmt eine tolle Erfahrung. Kann man als Gehbehinderter (80 GDB Merkzeichen G und B) auch daran teilnehmen? Oder macht diese Art dann keinen Sinn?
LikeLike
Hallo Reiner (sorry für die zunächst falsche Anrede), bitte wende dich einmal direkt an das Team des Fastenhauses. Sie können dich besser beraten und wissen sicherlich für dich passende Alternativen oder Ergänzungen. Mail an werner@fastenwandern-sylt.de
Mit herzlichen Grüßen
Carmen
LikeGefällt 1 Person
Danke Carmen
LikeLike
Wunderbar geschrieben! Es war eine tolle Zeit!
Vielen Dank liebe Carmen! Immer wieder gerne mit dir eine Fastenwoche!
LG
Sabine H.
LikeLike
Liebe Sabine,
lass uns wieder loslaufen…. gerne morgen 🙂
Ganz liebe Grüße sendet dir Carmen
LikeLike