Mitten in dem Dörfchen Nebel auf der Insel Amrum, ganz nah am Wattenmeer, liegt die evangelisch-lutherische Pfarrkirche St. Clemens. Die Kirche ist umgeben von einem Friedhof, dem eine ganz besondere historische Bedeutung zukommt. Seine seit dem 17. Jahrhundert alten Grabsteine erzählen Geschichten und Schicksale von Seefahrern, bedeutenden Kapitänen, vom Walfang, von Handelskaufleuten, Bauern, Eheleuten und Kindern. Sie erzählen von Leben und Tod, von Erfolg, Glück und Leid. In den letzten Jahren wurden alle 152 Grabsteine restauriert, um ihre spannenden Geschichten auch in Zukunft zu bewahren. Die erzählenden Steine sind heute ein ganz besonderer Anziehungspunkt für Einheimische und Besucher.
Das letzte Gärtchen
Während meines Spazierganges über den beschaulichen Nebeler Friedhof, auf dem alle Gräber bunt bepflanzt und gestaltet sind, kam ich an einer ganz besonderen Grabstelle vorbei. Ein Stückchen Rasen am hinteren Ende, darauf eine große Grabplatte mit den Daten einer vor Jahren verstorbenen Dame. Auf der Grabplatte drei Birnen, reif und rund. Dahinter ein Birnbaum, als einzige Bepflanzung dieses Grabes. Seine Zweige, voll mit süßen Früchten, breiten sich schützend über das Grab aus. Mir fiel sofort das Gedicht von „Herrn Ribbeck zu Ribbeck im Havelland – ein Birnbaum in seinem Garten stand…“ ein. Ob die verstorbene Dame wohl gerne Birnen gegessen hat? Ob sie einen Birnbaum dieser Sorte in ihrem Garten hatte? Vielleicht hat sie sich zu Lebzeiten ein Birnbäumchen auf ihrem Grab gewünscht. Ihr letztes Gärtchen. Dieser Baum lässt meine Fantasie Purzelbäume schlagen. Jedenfalls ist das der einzige Obstbaum weit und breit und für einen Friedhof ungewöhnlich – aber wunderbar!