Schreiberei

Kindheitserinnerungen im Sommer

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Ich bin in einem Schrebergarten groß geworden, der nicht nur für seinen Zierwert angelegt worden war. Es gab große, alte Bäume mit Äpfeln, Kirschen, Pflaumen, Birnen und Mirabellen. In den großzügig bemessenen Beeten wuchsen Kohle, Busch – und Stangenbohnen, Möhren und alles, was zum täglichen Bedarf benötigt wurde. Nicht zu vergessen die diversen Beerensträucher. Das Erdbeerbeet fiel leider etwas klein aus.

In den schönen bunten Zeitschriften sieht so ein Gemüsegarten wunderbar aus, ich kann mich daran auch nicht satt sehen. Aber was tun mit dem mühsam erarbeiteten Erntesegen? An diesem Punkt geht die Arbeit ja noch weiter.

Sobald die erste Ernte ins Haus kam, mutierte unsere Küche zur Einweckzentrale. Der große Einkochkessel mit dem Thermometer und Mengen an Einkochgläser und Marmeladengläser wurden aus dem Keller hervorgeholt. Es wurde geprüft, ob alle benötigten Sachen ordnungsgemäß bereit waren.

Wenn ich mittags aus der Schule kam, dampfte der Einkochkessel schon mit der dritten Beladung auf dem Herd. Meine Mutter und meine Oma hatten sich schon durch zwei Eimer Frühäpfel (Apfelmus), Buschbohnen oder Möhren geschnippelt. Und fast täglich gab es Nachschub. Das Einwecken der Kirschen war wegen der zu entfernenden Kerne immer sehr aufwändig und ließ eher an eine Schlachterei erinnern.

Beim Marmeladekochen wurde in den ersten Jahren noch mit Pergamentpapier und Bindfaden gearbeitet, bevor die praktischen Twist off Deckel eingeführt wurden. Als dann die erste Tiefkühltruhe ins Haus kam, wurde es auch einfacher. Ab da wurde Gemüse blanchiert und in Tüten verpackt, Obst zum Teil roh eingefroren. Himbeeren wurden akkurat einzeln auf ein Blech gesetzt und dann eingefroren. Man konnte sie nach dem Auftauen prima als Tortenbelag verwenden.

Und dann gab es wieder einen genügenden Vorrat an Eingewecktem für das kommende Jahr. Obst als Nachtisch oder Kuchenbelag, Gemüse für das hier vor Ort so oft gekochte Gemüse – Durcheinander, wahlweise mit Möhren, Bohnen oder Kohl. Als ich ausgezogen bin, habe ich geschworen nie wieder so viel Gemüse zu essen.

Und heute?

Habe ich seit Jahren selbst einen Gemüsegarten und bin froh zu wissen, wie all die Sachen angebaut werden. Da kann ich zwischen vielen verschiedenen Sorten wählen die ich anbauen will und muss nicht die Einheitssorte aus dem Supermarkt nehmen. Ich kann Gemüse und Obst ausprobieren, die noch unbekannt sind. Jetzt ist mein Tiefkühlschrank auch gut für den Winter gefüllt.

Oder ich mache einfach nur etwas Leckeres. Gerade blubbert der angehende Wein aus Beeren in seinem Behältnis in der Küche. Es erinnert mich ein wenig an die Küche meiner Mutter.

2 Kommentare zu „Kindheitserinnerungen im Sommer

  1. Sehr nett: genauso war das! 😀 Ich möchte noch an die von Jahr zu Jahr vergrauenden Weckgläser mit Früchten erinnern, die niemals entsorgt wurden, weil sie ja noch „gut“ waren.
    Heute koche ich selbst zuviel Marmelade und es erfüllt mich unabhängig vom Sinn oder Unsinn mit tiefer Zufriedenheit. Keine Ahnung, ob das Neandertaler-Vorraatsinstinkte sind. Ist ja auch egal – Hauptsache es macht Freude, schmeckt und man hat sogar Mitbringel, über die sich Freude und Familie freuen.

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    1. Ja, mein Vorratskeller ist auch immer gut gefüllt. Marmelade tausche ich gern mit Freundinnen, die anderes Obst oder andere Rezepte verarbeitet haben. Dann wirds nicht eintönig. Wein herzustellen ist auch eine Alternative.

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