Glaubt man den vielfältigen Artikeln in der Presse und in den bunten Blättern, ist es hip sich mit selbst gezogenem Obst und Gemüse zu versorgen. War es vor ein paar Jahren noch völlig uncool sich mit seinem Gemüsegarten zu outen, kann man nun auf jeder Party mit diesem Thema punkten. Man braucht nur ein Stück Land und ein Buch und legt los, im Buch wird schließlich alles erklärt. Und wenn nicht dort, dann auf youtube oder anderen Kanälen. Dort steht auch wieviel qm Garten ausreichen um eine Familie das ganze Jahr über zu ernähren.
Im Frühjahr wird Spinat und Möhren gesät. Die ersten vorgezogenen Salatpflänzchen vom Markt werden ins Beet gesetzt. Leider finden die Schnecken den Spinat auch lecker, also doch wieder den mit dem Blubb aus der Tiefkühltruhe kaufen.
Es dauert nervenzehrend lange bis sich der Möhrensamen zum Keimen entscheidet und das erste flaumige Grün zu sehen ist. Die Sonne scheint schön aufs Beet. Nachbars Katze findet die Stelle ideal für ein ausgiebiges Mittagsschläfchen—auf den jungen Möhren. Also neu aussähen und abdecken.
Vor ein paar Wochen habe ich Dicke Bohnen gelegt, die wachsen auch wenn es nicht so warm ist, aber wo bleiben sie? Bei näherem Nachsehen finde ich nur leere Hülsen im Boden und reiskorngroße Schneckchen. Also noch einmal sähen und hoffen, dass es klappt.
Dann sind die Erbsen dran. Ich liebe Markerbsen. Ich lege gleich eine große Tüte meiner Lieblingssorte. Schon bei der Gartenarbeit fühle ich mich beobachtet, sehe aber niemanden. Einen Tag später sieht mein Erbsenbeet ziemlich unordentlich aus, ich ahne nichts Gutes. Die Tauben, das hinterhältige Pack. Haben mich wohl beim Erbsenlegen beobachtet und anschließend das Beet geplündert. Also, Neuaussäen und abdecken.
So zieht es sich durchs ganze Gartenjahr. Kein Obst und Gemüse was nicht ungeladene Mitesser anzieht. Ob Kohlweißlinge in den Kohlpflanzen, oder Mäuse in den Erbsenschoten. Gottseidank bin ich bis jetzt von Wühlmäusen verschont geblieben, wenn die in einen Garten einfallen, bleibt fast nichts unangefressen. Tiere sind halt nicht dumm und wissen Biogemüse zu schätzen. Ich habe auch keine Lust meinen Garten mit Netzen und Abdeckungen in eine hochgesicherte Zone zu verunstalten. So pflanze und säe ich immer etwas mehr in der Hoffnung, dass auch was für mich übrig bleibt. Ich bin auch sehr froh notfalls bei Erntetotalausfall etwas im Gemüsegeschäft kaufen zu können. Dieses Glück hatten frühere Generationen nicht. So bin ich bei allen Bemühungen weit davon entfernt meinen ganzen Gemüsebedarf aus dem Garten zu decken. Aber ich schätze meine Ernte und verwende sie bewusst, weil ich weiß wieviel Aufwand und Zeit es braucht bis ein Gemüse reif ist. Es muss nicht gleich die Selbstversorgung angepeilt werden, wenn man mit einem Gemüsegarten anfängt. Das setzt nur unter Druck und man ist enttäuscht. Ich habe eine gewisse Gelassenheit entwickelt. Irgendetwas wächst immer, oft nicht das, was man sich besonders erhofft hat. Wenn alles nicht wachsen will, esse ich eben den Giersch, der gelingt immer.