Bereits seit neun Jahren öffne ich für Besucher meinen Garten.
Da fragt an sich hin und wieder , ob das Ganze eigentlich sein muss
und noch sinnvoll ist. Man muss einen gewissen Pflegezustand herbeiführen, die Rasenränder
sollten schön abgestochen sein, das Unkraut – zumindest das sichtbare –
sollte entfernt werden. Man möchte es so perfekt wie möglich haben.
Auch hofft man vorher, dass die eine oder andere Staude zum Tag X noch nicht
verblüht ist, eine andere Art es aber unbedingt noch schaffen sollte, bis dahin zu blühen.
Was sich in diesem Jahr als besonders nervend dargestellt hat, war die wochenlang
anhaltende Unwetterlage und die Chance darauf, dass kurz vorher alles noch
durch Hagel, Starkregen oder Sturm gehäckselt wird.
So ist es auch teilweise rundherum gewesen. Doch hier hatten wir unverschämtes
Glück, die Unwetter zogen rechts und links vorbei.
So zeigte sich am vergangenen Sonntag der Garten von seiner besten Seite.
Über das viele Wasser der vergangenen Wochen hat er sich gefreut und es ist ihm
gut bekommen. Kein Sturm hat die aufrecht stehenden, allerdings gut festgebundenen
Stauden und Rosen umgeworfen.
Ein Blumenhartriegel „Cornus cousa milky way“ war der eindeutige Star
des Tages. Zufrieden vom vielen Regen machte er wirklich den Eindruck,
als wolle er alles geben und sich ordentlich zeigen. Eigentlich jeder fragte danach,
was dies für ein Baum sei. Eine Besucherin meinte im Spaß, wie ich denn den
Weihnachtsstern so groß bekommen hätte. Genauso sah er aus.
An zweiter Stelle lag die Ramblerrose „rosa mulligani“ im Birnbaum. Sie
hatte es noch genau geschafft, zum richtigen Zeitpunkt ordentlich aufzublühen.
Fast alle Geraniumsorten blühten, dazu verschiedene Glockenblumen, einjähriger
Mohn, Rosenziest, Färberkamille, Nelken, Lavendel und vieles mehr.
Es kamen wieder viele interessierte nette Besucher. Inzwischen weiß jeder,
was Offene Gartenpforte ist, und so machen sich nur wirklich
Interessierte oder Genießer auf den Weg. Die meisten sind genauso von dem „Gartenvirus“ besessen, wie man selbst. Deshalb ist man sich häufig gegenseitig sofort
sympatisch. Viele Besucher kommen seit Jahren immer wieder. So manch
Pflanzentausch wird vollzogen, der schon im Vorjahr vereinbart worden ist.
Da ist die Besucherin, die ein großes Grundstück gestalten will für eine Wohngemeinschaft mit älteren Menschen. Ein junges Ehepaar möchte
sein Hanggrundstück terrassieren und sucht Ideen. Ein anderer möchte
einen Teich anlegen und will sich auf diesem Wege informieren.
Zwei Freundinnen genießen stundenlang die Ansicht der Beete, um sich
anschließend zu längeren privaten Gesprächen mit Kaffee und Kuchen
an einem gemütlichen Sitzplatz niederzulassen.
Auch wenn wir Gartenbesitzer nicht unbedingt studierte Fachleute sind,
wir berichten aus jahrelanger Erfahrung und Erprobung. Wir können
inzwischen sagen „geht“ oder „geht gar nicht“ und somit vielleicht auch manche
Enttäuschung verhindern. Aber wir selbst erfahren auch viel Neues und Unbekanntes von
den Besuchern. Viele haben auch große Gärten und ein großes Wissen über Botanik.
Und mal ehrlich, wozu habe ich die vielen Sitzplätze denn angelegt und die
Wege gemacht, nur für mich? Ich komme selten zum Sitzen. Es ist einfach wunderbar, wenn alle Sitzplätze mal gleichzeitig belegt sind. Außerdem kann ich an den Gesichtern der Besucher erkennen, dass sie begeistert sind. Mit Lob und Anerkennung wird nicht gespart. Man hört Sätze wie: „So einen schönen Garten sehe ich zum ersten Mal“,
oder „wie in England“ oder auch, dass die ganze Aktion mit den Offenen Gärten einfach
wunderbar sei.
Die Kritik, die es ja auch auf jeden Fall gibt, erfährt man leider meistens nicht.
Das ist ganz normal. Ich tausche oft die Rolle und bin selbst Gartenbesucher einer
Offenen Gartenpforte in einem anderen Kreis.
Auf jeden Fall ist man nach so einem Tag voller Euphorie und natürlich geht es
weiter mit der Öffnung des Gartens, es muss sein, für mich und für die Besucher.
So muss man auch schonmal auf andere Termine verzichten und seine ganze
Energie in den Garten stecken.