Gärtnern · Schreiberei

Topferde

dav

 

Ich habe in den letzten Tagen mal wieder in alten Büchern gestöbert. Unter anderem in einem alten Exemplar von Ulmer, von 1910,  das von meinem Großvater stammt. Er war Gärtner, Jahrgang 1894.  Leider habe ich ihn nicht mehr kennengelernt, er ist früh verstorben.

Seitdem ich das Kapitel Pflanz- und Topferde gelesen habe, bin ich recht froh, in der Jetzt-Zeit zu leben. Wenn ich Pflanzsubstrat brauche, fahre ich zum Gartenmarkt meines Vertrauens und habe die freie Auswahl. Erde für Rhododendren und Blaubeeren, Rosen, Kräuter. Bioerden ohne Torf, Kübelpflanzenerde, Anzuchterde. Was mein Herz begehrt.

Die Gärtner früherer Tage hatten es da schwerer. Gut, einen Komposthaufen gab es da auch schon, und jede Menge Mist von Pferden und anderen Tieren. Aber der Dung kam ja nicht sauber abgepackt in den Garten. Aus Erzählungen meiner Oma weiß ich, dass jeder Pferdeapfel, der auf der Straße lag, umgehend eingesammelt wurde. Das war oft die Aufgabe der Kinder. Dazu stand im Keller ein Eimer und eine Kehrschaufel parat.

 

Für die möglichst samenfreie Anzuchterde nahm man gern die Erde von Maulwurfshügeln. Mein Vater wurde dafür mit einem Eimer und einer Schaufel losgeschickt zum Sammeln. Auch eine gute Art die Kinder zu beschäftigen, die Begeisterung wird groß gewesen sein.

Wer genug Platz im Garten hatte, legte einen Laubkompost an, um eine feinkrümelige humose Erde zu erhalten.

Die Asche der Holzöfen wurde ebenso genutzt wie die Asche von verbrannten Knochen oder anderen tierischen Teilen.

Die Gärtner experimentierten und mischten mit allen verfügbaren Materialien. Jeder hatte sein Geheimrezept. Es wurde wirklich alles verwendet. Kalk, Schutt aus Abrisshäusern, Inhalt von Plumpsklos, Holzhäcksel, Federn und Schlachtabfälle, industrielle Abfälle aus Spinnereien, Zuckerfabriken und Fischerei.

Der Gebrauch von Torf war selbstverständlich. Damals gab es ja noch Moore. Die Vorstellung, der Natur damit zu schaden, war noch nicht vorhanden.

Deshalb lebe ich ganz gern im Hier und Jetzt. Die Vorstellung, all diese Materialien zu sammeln und zu lagern, übersteigt meinen gärtnerischen Elan und meine Gartenfläche. Ich achte schon beim Einkauf auf die Inhaltsstoffe der bunten Tüten und pflege meinen Kompost. Ich setze zur olfaktorischen Freude der Nachbarn Pflanzenjauche an und verwende Gesteinsmehle.

Also viel Vergnügen beim nächsten Besuch eures Gartenmarkts und beim Tütenschleppen. Früher war nicht alles besser…..

 

6 Kommentare zu „Topferde

  1. Wo bekommt man denn „sauber abgepackten Dung“ her? Bei uns wird der auch noch bei Waldspaziergängen gesammelt. Ganz wie früher. Nie ohne Tüte und Handschaufel losziehen. 😉

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    1. Hallo Monika,
      sauber, abgepackten Dung in Tüten. Da kommen die Dungpellets ins Spiel. Denen ist ja nur das Wasser entzogen worden und der Dung in Form gepresst worden. Wer in einer Großstadt gärtnert und nur einen kleinen Garten hat tut sich vielleicht schwer mit dem Mistorganisieren in Reinform.

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  2. Erde von Maulwurfshügeln zu sammeln und die Pferdeäpfel aufheben: das war in den Sechziger Jahren d.v.Jahrh. ebenfalls die Arbeit von uns Kindern. Ich mochte das ganz gerne.
    Es war jedenfalls besser als Kartoffeln klauben oder Unkraut jäten. Wir sind trotzdem gerne zur Oma gefahren, auch wenn wir dort arbeiten mussten.
    LG

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    1. Ja, mit kleinen Hilfsdiensten fängt man im Garten an. Gemeinschaftlichtes Tun ist ja auch nicht mit Arbeitsfron zu vergleichen. Und irgendwie muss man als „Nachwuchsgärtner“ ja mal anfangen. Ich möchte die Zeit als Kind im Schrebergarten auf jeden Fall nicht missen.

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  3. Alle diese Rezepte sollte man sicher nicht mehr nachmachen, aber mein verschließbarer Kübel mit Pferdemist ist schon gefüllt. Ein Winterspaziergang pro Jahr reicht dafür, und bei der Kürbis- und Tomatenernte merkt man den Unterschied. Verkompostiert wird sowieso alles, was geht, die Asche aus dem Kachelofen landet auch in ausgesuchten Beeten, und was der Maulwurf auswirft, ist wirklich vom Feinsten. Gut, dass wir nicht alles so machen müssen wie früher, aber vieles, was du hier so schön zusammen gestellt hast, ist auch heute noch tauglich.

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    1. Da hast du recht. Bei den natürlichen Bestandteilen weiss ich ja auch wo sie herkommen. Weite Transportwege belasten da auch unsere Umwelt nicht. Und bei den Bestandteilen, die heute aus Umwelt oder Gefährlichkeitsgründen nicht mehr ratsam sind, muss ich Alternativen finden.

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